Montag, 27. April 2015

Mit der Tendenz zum Klassiker - Bordeaux 2004

Zusammen mit ein paar guten Weinfreunden haben wir am Wochenende einige Bordeaux aus dem Jahre 2004 entkorkt und anschliessend blind und in 2er Appellations-Flights verkostet. Eine (zugegeben leicht verspätete...) "10 years after"-Probe sozusagen, welche durch und durch erfreulich war. Nicht zuletzt auch aufgrund zweier Piratenflaschen die den Genusspegel in die Spitze getrieben haben...

















Pessac-Léognan

Domaine de Chevalier 2004
Leicht trübes Rubinrot im Glas. Offene Nase nach roten Beeren, Gewürzen, etwas laktischen Noten und dezente Reifenoten. Am Gaumen cremig, elegant und trotzdem einer leicht rustikalen Struktur. Mittellanger Abgang, trinken jetzt bis 2022

Chateau Haut-Bailly 2004
Dichtes Rubinrot mit leichtem Wasserrand. Fruchtige und intensive Nase, dahinter etwas Pfeffer und schön eingebundene Holznoten. Auch am Gaumen noch absolut fruchtig, kompakt und mit einer frischen Säure ausgestattet. Ein eleganter und saftiger Wein mit Charakter. Trinken jetzt bis 2026

Margaux

Chateau Margaux 2004 (Pirat)
Helles, kräftiges Rubinrot im Glas. Herrlich frische, fruchtige und zugleich florale Nase. Viel Eleganz, Finesse und Schmelz am Gaumen. Die Gerbstoffe sind butterzart und die Säure wirkt lebendig. Der Wein zeigt im langen Abgang wiederum viel Balance und eine burgundische Eleganz. Grossartiger Wein, trinken jetzt bis 2029

Chateau d'Issan 2004
Dunkles Rubinrot, wirkt somit farblich und in der Nase noch jung. Deutliche Barriquenoten, dahinter saftige Kirschfrucht, etwas Honig und leicht laktische Anklänge. Kompakt am Gaumen mit noch leicht herben Gerbstoffen und einer präsenten Säure. Hatte neben dem Ch. Margaux definitiv einen schweren Stand, trinken 2016 bis 2024

Pauillac

Chateau Grand Puy Lacoste 2004
Wirkt in der Nase ebenfalls noch jung und auch etwas aufgesetzt, allerdings auch komplex und mit saftiger Frucht. Am Gaumen ist er kompakt und fokussiert, die Säure ist frisch und sorgt für Trinkfluss. Ein toller 2004er, der mich vom Stil her allerdings nicht zwingend überzeugt hat. Trinken jetzt bis 2024

Chateau Pichon Longueville Baron 2004
Helles Rubinrot mit leichtem Wasserrand. In der Nase sehr klassisch nach roten Beeren, Waldboden, Speck und Barrique duftend. Am Gaumen ist er wunderbar balanciert, elegant und zeigt etwas rustikalen Tanningerüst. Langes und charmantes Finale, hat Charakter und Klasse. Trinken jetzt bis 2026

St. Estephe

Chateau Calon Segur 2004
Dunkles Rubinrot im Glas. In der Nase sehr viel Paprika und rote Beeren, dahinter laktische Noten sowie etwas Lebkuchen. Am Gaumen dann etwas streng und die leicht rustikalen Gerbstoffe lassen nicht wirklich Trinkfluss aufkommen. Im Abgang, wo erneut die Paprikanoten dominieren, dafür sehr fokussiert und lang. Trinken jetzt bis 2024

Chateau Lafon Rochet 2004
Liegt in hellem Rubinrot im Glas. Im Duft schöne Reifearomen, dunkle Beeren, Gewürze und etwas Rauch. Präsentiert sich im Gaumen elegant und zugleich auch etwas karg. Die Gerbstoffen wirken trocken, doch die Säure ist präsent und der mittellange Abgang balanciert. Kein komplexer Wein, dafür jetzt schön zum Essen. Trinken jetzt bis 2020

St. Julien

Chateau Branaire Ducru 2004
Zeigt ein strahlendes Rubinrot. In der Nase wirkt der Wein sehr offen und zeigt Noten nach roten Beeren und Gewürzen. Saftige Säure, feines Tannin und eine rotbeerige Eleganz am Gaumen. Mittellanges Finale mit absolutem Bordeaux Charakter. Trinken jetzt bis 2022

Chateau Leoville Barton 2004
Sehr dunkles Rubinrot im Glas. Sehr kompakter und intensiver Duft nach dunklen Beeren, Lakritz, Schokolade und Gewürzen. Auch am Gaumen zeigt er viel Volumen und ist trotzdem sehr elegant, voller Struktur und Charakter. Langer und durchaus komplexer Abgang, definitiv der jüngste Wein dieser Runde. Sehr gut gelungen, trinken 2016 bis 2029


Ausklang und Fazit

Nach den tollen Flights wurde (zugegeben meinerseits...) noch ein bisschen Sauternes gefordert. Dieser hat der Gastgeber mit viel Freude aus dem Keller geholt und blind eingeschenkt. Ein grossartiger Sauternes mit viel Eleganz, Tiefe und unglaublicher Frische. Die Auflösung: Chateau d'Yquem 2004 - Chapeau!

Einmal mehr in toller Weinabend mit netten Menschen, köstlichem Essen und vor allem tollen Weinen. Bordeaux 2004 bietet derzeit viel Trinkfreude und zeigt zugleich noch einige Reserven auf. Ein Jahrgang mit der Tendenz zum Klassiker!

Hier geht es zum Beitrag "Bordeaux 2004" von Adrian van Velsen.

Sonntag, 12. April 2015

Ein sicherer Wert aus Mâconnais - Domaine de la Chapelle

Nach einer kleinen Wanderung bekommt man Hunger und vor allem Durst. Besonders wenn es draussen kalt und unfreundlich ist, habe ich manchmal Lust auf etwas Deftiges, ohne dabei aber auf Finesse und Komplexität zu verzichten. Vielleicht ein Pouilly-Fuissé? Der Vieilles Vignes der Domaine de la Chapelle trifft den Nagel auf den Kopf! Ein kräftiger Chardonnay mit Finesse, moderatem Holzeinsatz und zugleich ein wunderbarer Begleiter zu Seafood...

Aus dem Keller geholt, entkorkt und direkt ins Glas gefüllt. Dort steigen einem Aromen nach Zitrus, Mango, Mandeln und etwas Vanille in die Nase. Am Gaumen wirkt der Wein zwar leicht cremig, allerdings sorgt die präsente Säure für Frische und Spannung. Wie auch in der Nase, ist das Holz am Gaumen spürbar zu vernehmen. Dies stört jedoch überhaupt nicht, denn es ist gut eingebunden und sorgt somit für eine gewisse Komplexität und Charakter. Im Abgang machen sich die 13,5 % Vol. Alkohol leicht bemerkbar, welche nach mit der Zeit von einer pfefferigen Würze und dem Geschmack von frisch gemahlenen Mandeln überlagert wird. Erste Reifenoten? Sind minimal zu vernehmen, aber aufgrund seiner Struktur und der lebendigen Säure würde ich dem Wein locker noch ein paar weitere Jahre zutrauen. Trinken jetzt bis 2018!




Zum Dorsch im Speckmantel, Blattspinat und Safran-Kartoffel-Vermicelles eine gelungene Marriage. Trotz der Üppigkeit bietet der Wein tollen Trinkfluss und so ging meine Hand immer wieder zum Glas. Ein überzeugeneder Vieilles Vignes mit Reserven und das zum akzeptablen Kurs! Aktuelle Jahrgänge sind für 27.- CHF bei Paul Ullrich AG erhältlich.

 

Montag, 6. April 2015

Osterdinner 2015 - Gaumenfreude und Geselligkeit

Für die Einen ist Ostern ein festliches und zugleich historisches Ereignis, für die Anderen wiederum ein pures Fest für den Gaumen. Für mich trifft definitiv Letzeres zu und deswegen hab wir in gemütlicher Gesellschaft köstliches Essen und spannende Weine genossen....


Der Auftakt machte ein "falsches Sushi", welches aus Parmaschinken, grünen Spargeln, Paprika und Frischkäse mit Schnittlauch bestand. Die Begleitung dazu übernahm von Winning's Riesling Grainhübel 2013. Ein unglaublich frischer und verspielter Riesling welcher zuerst eine exotische Frucht zeigte und somit an einen Sauvignon Blanc erinnerte. Zunehmend drangen dann Zitrusfrucht, Mineralik und eine animierende Würze durch, welche auch am Gaumen bis über den langen Abgang hinweg für Spannung sorgte. Die Säure ist pikant, aber auch verspielt und die Balance zwischen feinster Rieslingfrucht und Würze war beeindruckend. Und im Vergleich mit den beiden Jahren zuvor, hat man bei von Winning 2013 den Holzeinsatz spürbar reduziert. Dabei haben die Weine keineswegs an Komplexität verloren, dafür einiges mehr an Frische gewonnen - ein genialer trockener Riesling genau nach meinem Geschmack!




Beim Hauptgang haben wir uns auf ein altes Sprichwort verlassen, welches besagt, dass sich einfaches Essen durchaus mit grossen Weinen kombieren lässt. Kurz und knapp: kleiner Aufwand, grosser Genuss! Es gab hausgemachte Spaghetti Carbonara mit gebratenem Speck, getrockneten Tomaten und Safran. Dazu ein 2004er Domaine de Chevalier, welcher sich über den Abend hinweg schön öffnete und am Anfang seiner Trinkphase präsentierte. In der Nase zeigte er schöne Kirsch- und Himbeerfrucht, dahinter dezente Barriquenoten, Röstaromen und leicht laktische Nuancen. Am Gaumen wirkte er harmonisch, elegant und mit gut eingebundenen Gerbstoffen. Weiterhin fruchtig ist er auch im mittellangen Abgang, begleitet von leicht röstigen Aromen. Dieser Domaine ist jetzt bereits schön zu trinken, wird allerdings in den nächsten 4-6 Jahren noch viel Freude bereiten! 



Vor dem Essen haben wir einen 2000er Chateau Poujeaux entkorkt, welche sich erst sehr müde und leblos gezeigt hatte. Es hat sich allerdings gelohnt, die Flasche weg zu stellen und am späten Abend nochmals zu probieren - ein Schlummertrunk deluxe! In der Nase nun offen nach Kirschen, Brombeeren, Teer, Speck und erdigen Noten. Am Gaumen ist es fein und die Tannine sind noch etwas rau, die Säure ebenfalls noch pikant und jugendlich. Im Abgang waren wieder erdige Nuancen sowie Aromen nach Waldboden und Unterholz zu vernehmen. Keine Fruchtbombe und kein moderner Wein, sondern ein klassischer Bordeaux in bester Trinkreife und das zum fairen Preis!